Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschied mit Beschluss vom 05.03.2014 (12 U 151/13), dass ein Tätowierer seiner Kundschaft Schadensersatz leisten muss. In der Sache ging es um Ansprüche aufgrund einer nicht ordnungsgemäß durchgeführten Tätowierung. Das OLG Hamm kam zu dem Ergebnis, dass ein mangelhaft ausgeführtes Tattoo den Tätowierer zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichten kann, ohne dass er zur Nachbesserung des von ihm gestochenen Tattoos berechtigt ist.
Das ist passiert
Im vom OLG Hamm zu entscheidenden Fall sollte ein Tätowierer seiner Kundin auf dem rechten Schulterblatt eine farbige Blüte nebst Ranken eintätowieren. Dabei brach der Tätowierer allerdings zu tief in bestimmte Hautschichten ein, so dass die Tätowierung nicht mehr dem vereinbarten Entwurf entsprach. Es kam zudem zu unregelmäßig zu dick ausgeführten Linien und Farbverläufen beim Tattoo.
Anspruch auf Schmerzensgeld
Der Anspruch auf Schmerzensgeld (in diesem Fall in Höhe von 750,00 EURO) kann sich aus den folgenden Anspruchsgrundlagen ergeben:
- § 280 Abs. 1 i.V.m. 241 Abs. 2 i.V.m. 631 BGB (Schadensersatz neben der Leistung beim Werkvertrag)
- § 823 Abs. 1 BGB (Verletzung des Rechtsgut “Körper”)
- § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB (Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung als Schutzgesetz)
Die genannten Ansprüche bestehen nach Auffassung des OLG Hamm, da das Stechen der Tätowierung als Körperverletzung einzuordnen sei. Die Körperverletzung (§§ 223 ff. StGB) sei im vorliegenden Fall auch nicht durch eine Einwilligung der Kundin gerechtfertigt. Die Kundin sei nämlich lediglich mit einem technisch und gestalterisch mangelfreien Tattoo einverstanden, welches der zuvor gebilligten Skizze des Tätowierers entsprach. Wenn der Tätowierer dieser Anforderung nicht nachkommt, sei der strafrechtliche Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung erfüllt, was auf zivilrechtlicher Ebene Schadensersatzansprüche begründet.
Der Anspruch auf Schmerzensgeld (§ 253 Abs. 2 BGB) bestand deshalb, weil die Kundin das mangelhafte Tattoo nur mittels einer mit Schmerzen verbundenen Laserbehandlung korrigieren bzw. entfernen lassen konnte.
Kosten der Laserbehandlung sind auch zu ersatten
Der Tätowierer habe im Übrigen auch die Kosten für die Laserbehandlung im Wege eines Schadensersatzanspruchs zu erstatten Als Anspruchsgrundlage kommt hier etwa das werkvertragliche Mängelgewährleistungsrecht in Form eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung in Betracht; §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281, 634 Nr. 4, 631 BGB.
Auf eine Nachbesserung durch den Tätowierer, die beanstandeten Stellen durch eine von ihm beauftragte Laserbehandlung entfernen zu lassen und dann selbst neu zu tätowieren, müsse sich die Kundin nach Auffassung des OLG Hamm nicht einlassen . Eine derartige Nachbesserung sei der Kundin nicht zuzumuten. Angesichts des Umfangs der aufgetretenen Mängel im vorliegenden Fall müsse sie dem Tätowierer nicht mehr vertrauen.
Schadensersatz bei fehlerhaften Tattoos
Der Fall des OLG Hamm verdeutlicht, dass die von Kunden geforderten Ansprüche auf Schmerzensgeld und auf Ersatz der Lasernachbehandlung im Wege verschiedener Anspruchsgrundlagen geltend gemacht werden können. Unabhängig davon, ist festgestellt worden, dass die mangelhaft ausgeführte Tätowierung eine Körperverletzung darstellt. Die nachgelagerte Frage der Geltendmachung der Laserbehandlung bietet praktisch weitere Schwierigkeiten.