Die KKH Kaufmännische Krankenkasse aus Hannover meldet für das Jahr 2024 einen Rekordschaden durch Abrechnungsbetrug in Höhe von 5,4 Millionen Euro. Damit wurde der bisher höchste jemals verzeichnete Betrugsschaden bei der Kasse festgestellt. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Schadenssumme um fast zwei Millionen Euro. Besonders betroffen waren ambulante Pflegedienste mit rund 4,1 Millionen Euro Schaden. Weitere auffällige Bereiche waren Apotheken, Krankenhäuser, Arztpraxen sowie Physiotherapiepraxen. Laut KKH gingen insgesamt 479 neue Hinweise auf möglichen Betrug ein. Die Zahlen belegen die enorme Bedeutung der Betrugsprävention im Gesundheitswesen. Abrechnungsbetrug verursacht nicht nur finanzielle Schäden, sondern gefährdet auch die Versorgungssicherheit der Versicherten. Die steigende Anzahl an Verdachtsfällen zeigt, dass betrügerische Praktiken weiter zunehmen. Die KKH fordert daher gezielte Maßnahmen und verbesserte Kontrollmechanismen, um Betrug nachhaltig zu bekämpfen.
Ambulante Pflege im Fokus: Die Hauptquelle für Abrechnungsbetrug
Mit über 4 Millionen Euro Schaden entfällt der größte Teil des Betrugs auf ambulante Pflegedienste. Hier wurden wiederholt Leistungen abgerechnet, die nie erbracht wurden – sogenannte Luftleistungen. In vielen Fällen war unqualifiziertes Personal im Einsatz, das keine medizinisch-fachliche Versorgung leisten durfte. Zudem wurden häufig Dienstleistungen ohne gültige Zulassung in Rechnung gestellt. Die KKH meldete allein in diesem Bereich 270 neue Verdachtsmeldungen. Die Problematik betrifft vor allem ältere und pflegebedürftige Menschen, die auf echte Hilfe angewiesen sind. Fehlende Kontrolle öffnet Tür und Tor für unseriöse Anbieter. Die Versorgung leidet unter solchen betrügerischen Praktiken massiv. Viele Pflegebedürftige erhalten nicht die Betreuung, für die eigentlich gezahlt wurde. Die KKH sieht dringenden politischen Handlungsbedarf, um ambulante Pflege transparenter und sicherer zu gestalten.
Weitere Betrugsfelder: Apotheken, Krankenhäuser und Arztpraxen
Neben der ambulanten Pflege verzeichnete die KKH auch erhebliche Betrugsfälle in anderen Bereichen. Apotheken verursachten rund 500.000 Euro Schaden durch falsche Abrechnungen und Medikamentenmanipulationen. Krankenhäuser standen mit etwa 365.000 Euro ebenfalls im Fokus der Ermittlungen. Auch Physiotherapie- und Arztpraxen fielen durch gefälschte Leistungen oder Abrechnungen ohne Erlaubnis auf. Insgesamt sind 62 Meldungen aus physiotherapeutischen Einrichtungen und 21 aus Arztpraxen dokumentiert. In einigen Fällen wurde gar nicht existierendes Personal als abrechnungsfähiger Fachdienst angegeben. Solche Methoden schädigen nicht nur Krankenkassen, sondern auch das Vertrauen der Versicherten. Patienten laufen Gefahr, fehlerhaft oder gar nicht behandelt zu werden. Zudem wird das Gesundheitssystem durch ineffiziente Ressourcennutzung weiter belastet. Der Ruf der medizinischen Berufe leidet unter kriminellen Ausreißern erheblich.
Die Folgen für Versicherte: Gesundheitsgefährdung und steigende Beiträge
Abrechnungsbetrug ist kein Kavaliersdelikt – er betrifft jeden Versicherten direkt. Die unrechtmäßig eingenommenen Gelder fehlen für notwendige Behandlungen und Investitionen in die Gesundheitsversorgung. Versicherte riskieren gesundheitliche Schäden durch falsche oder unterlassene Behandlungen. Wenn nicht qualifiziertes Personal eingesetzt wird, sind schwere Fehler vorprogrammiert. Zudem steigt durch Betrugsfälle der Kostendruck auf die Krankenkassen. Dieser kann sich in Form von höheren Kassenbeiträgen für alle Mitglieder niederschlagen. Auch der Verwaltungsaufwand für Prüfungen und Rückforderungen wächst. Vertrauen in medizinische Leistungen und Versorgungseinrichtungen kann durch Betrug nachhaltig erschüttert werden. Viele Betroffene merken erst spät, dass ihnen Leistungen vorenthalten oder falsch erbracht wurden. Prävention und Aufklärung sind daher auch im Sinne der Patientensicherheit unerlässlich.
Wie die KKH Betrug aufdeckt: Hinweise, Prüfungen und Rückforderungen
Die KKH setzt auf ein umfassendes Hinweis- und Kontrollsystem zur Aufdeckung von Abrechnungsbetrug. Verdachtsmeldungen stammen häufig von Versicherten, Angehörigen oder Fachpersonal. Auch der Medizinische Dienst (MD) spielt eine zentrale Rolle bei der Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten. Jede Meldung wird sorgfältig geprüft und dokumentiert. Im Jahr 2024 konnte die KKH über 500.000 Euro durch Rückforderungen wieder einziehen. Die Aufklärungsquote ist ein wichtiges Signal an potenzielle Betrüger. Interne Prüfstellen und Ermittlungsabteilungen sorgen für schnelle Reaktionen. Zudem arbeitet die KKH mit externen Ermittlungsbehörden zusammen. Transparenz und Kommunikation nach außen stärken das Vertrauen der Versicherten. Die Krankenkasse betont die Wichtigkeit von Zivilcourage und anonymen Hinweisen.
Zukunftsstrategie: KKH fordert KI und bundesweite Ermittlungsstellen
Um dem wachsenden Betrugsproblem zu begegnen, fordert die KKH den Einsatz moderner Technologien. Besonders der Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Datenanalyse gilt als zukunftsweisend. Damit könnten betrügerische Muster schneller und präziser erkannt werden. Chefermittler Emil Penkov plädiert für eine bundesweit einheitliche Aufstellung spezialisierter Ermittlungsbehörden. Aktuell gibt es große Unterschiede zwischen den Bundesländern bei der Betrugsbekämpfung. Auch gesetzliche Grundlagen für Datenabgleiche über Kassen- und Landesgrenzen hinweg sind nötig. Im neuen Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz sind erste Schritte in diese Richtung erkennbar. Doch der Handlungsdruck bleibt hoch – angesichts steigender Betrugszahlen. Die KKH setzt sich aktiv für strukturelle Verbesserungen ein. Ziel ist ein sicheres, gerechtes und finanzierbares Gesundheitssystem.

