Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 1.6.2016, X R 17/15, über die Steuerliche Behandlung der Bonusleistungen einer gesetzlichen Krankenkasse zu entscheiden gehabt.
Erstattet eine gesetzliche Krankenkasse dem Steuerpflichtigen im Rahmen eines Bonusprogramms gemäß § 65a SGB V von ihm getragene Kosten für Gesundheitsmaßnahmen, liegt hierin eine Leistung der Krankenkasse, die nicht mit den als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträgen des Steuerpflichtigen zu verrechnen ist (gegen BMF-Schreiben vom 19. August 2013, BStBl I 2013, 1087, Rz 72).
Der Sachverhalt:
Die zusammen veranlagten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) bezogen im Streitjahr 2012 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In ihrer Einkommensteuererklärung machten sie Arbeitnehmerbeiträge der Klägerin zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 2.663 EUR sowie Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers in Höhe von 2.492 EUR als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) geltend. Das zu dem Zeitpunkt noch zuständige Finanzamt F kürzte die Beiträge um Beitragsrückerstattungen in Höhe von 911 EUR. Darin war ein Betrag in Höhe von 150 EUR enthalten, der von der gesetzlichen Krankenkasse der Klägerin, der BKK A (BKK), als Kostenerstattung für Gesundheitsmaßnahmen im Rahmen eines BKK-Bonusprogramms an sie gezahlt worden war. Die BKK hatte die Zahlung als erstatteten Beitrag i.S. von § 10 Abs. 2a Satz 4 Nr. 2 EStG der Finanzbehörde mitgeteilt.
Nach dem „Bonusmodell VorsorgePLUS“ können Mitglieder der BKK dafür, dass sie bestimmte kostenfreie Vorsorgemaßnahmen –wie z.B. Gesundheits-Check-Up, Krebsvorsorgeuntersuchung, zahnärztliche Vorsorgeuntersuchung– in Anspruch nehmen, zwischen zwei Bonusvarianten wählen: Nach der ersten Variante erhalten die beitragszahlenden Mitglieder der BKK pro Kalenderjahr 40 EUR von der BKK ausbezahlt. Nach der streitgegenständlichen zweiten Variante beteiligt sich die BKK mit einem Zuschuss von jährlich bis zu 150 EUR an den Kosten für Vorsorge- oder Gesundheitsmaßnahmen, wie z.B. Brillen und Kontaktlinsen, Massagen, Behandlungen beim Heilpraktiker, homöopathische Arzneimittel sowie Nahrungsergänzungsmittel u.ä., die von den Versicherten privat finanziert werden.
Die Kläger wandten sich gegen die wegen der Bonuszahlung vorgenommene Kürzung der als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungskosten. Sie legten Unterlagen vor, aus denen sich die in Anspruch genommenen Gesundheitsleistungen –u.a. Maßnahmen der Osteopathie– ergaben, aufgrund derer die Klägerin die Erstattung von 150 EUR erhalten hatte.
Das Ergebnis:
Die Kläger bekamen vor dem Bundesfinanzhof Recht. Das Finanzgericht hatte zu Recht entschieden, dass die von der BKK geleistete Bonuszahlung weder mit den als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträgen der Klägerin verrechnet werden kann noch bei ihr zu steuerpflichtigen Einkünften führt. Die streitgegenständliche Bonusleistung der BKK –die Übernahme eines Anteils der Kosten für bestimmte Gesundheitsmaßnahmen– stellt keine Erstattung der an die BKK gezahlten Krankenversicherungsbeiträge dar und mindert damit nicht den Sonderausgabenabzug der Kläger.
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a EStG sind Beiträge zu Krankenversicherungen als Sonderausgaben abziehbar, soweit diese zur Erlangung eines durch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch bestimmten sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind und auf die Leistungen ein Anspruch besteht. Für Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sind dies die nach dem Dritten Titel des Ersten Abschnitts des Achten Kapitels SGB V geleisteten Zahlungen mit Ausnahme etwaiger auf das Krankengeld entfallenden Beitragsanteile.
Da nach dem Eingangssatz des § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG nur „Aufwendungen“ als Sonderausgaben abziehbar sind, folgt hieraus sowie aus dem Zweck des § 10 EStG, bestimmte die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindernde Privatausgaben vom Abzugsverbot des § 12 EStG auszunehmen, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs –BFH–, vgl. z.B. Senatsurteil vom 28. Mai 1998 X R 7/96, BFHE 186, 521, BStBl II 1999, 95, unter 3.a, m.w.N.). Bei den in der Regel jährlich wiederkehrenden Sonderausgaben, wie den hier streitgegenständlichen Krankenversicherungsbeiträgen, steht häufig die endgültige Belastung im Zahlungsjahr noch nicht fest, weil dem Steuerpflichtigen nach Ablauf des Veranlagungszeitraums ein Teil der Versicherungsbeiträge zurückerstattet werden kann. In diesen Fällen sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Verwaltungspraxis die erstatteten Beträge mit den im Jahr der Erstattung gezahlten gleichartigen Sonderausgaben zu verrechnen, so dass nur der Saldo zum Abzug als Sonderausgaben verbleibt (zur Verrechnung von Beitragsrückerstattungen BFH-Urteile vom 20. Februar 1970 VI R 11/68, BFHE 98, 357, BStBl II 1970, 314; vom 26. Juni 1996 X R 73/94, BFHE 181, 144, BStBl II 1996, 646, unter II.1.b; Amtliches Einkommensteuer-Handbuch 2015 H 10.1).