TUIfly: Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten bei Flugverspätung

Das Amtsgericht Hannover hat eine interessante Entscheidung (Az. 517 C 13641/11) zum Dauerthema „Flugverspätung“ getroffen.

Regelmäßig lehnen die Fluggesellschaften, wie beispielsweise die TUIfly GmbH mit Sitz in Hannover, die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten/Rechtsanwaltsgebühren ab. Zur Begründung heißt es lapidar, man habe sich nicht in „Verzug“ befunden. Die TUIfly GmbH führt dazu kurz aus „Nach Rücksprache mit unserer Rechtsabteilung lehnen wir die Übernahme Ihrer Kostennote ab.“ In Anbetracht der eindeutigen Rechtsprechung des Amtsgerichts (AG) Hannover verwundern derartige Schreiben der Fluggesellschaften.

Nach Ansicht des Amtsgerichts Hannover kommt es auf „Verzug“ gar nicht an. Denn über die Ausgleichsleistungen hinaus steht den Flugreisenden ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB zu. Nach Art. 14 FluggastrechteVO ist die Fluggesellschaft verpflichtet, die Fluggäste über ihre Rechte aufzuklären. Das wird regelmäßig unterlassen. Dies führt zur Einschaltung eines Rechtsanwalts. Von diesen Kosten muss die Fluggesellschaft die Reisenden freistellen.

Welche Summe steht Ihnen als Anspruchsberechtigten zu?

Ist die Fluggesellschaft verantwortlich, haben die betroffenen Passagiere ein Recht auf eine Entschädigungssumme von 250 bis EURO 600,00. Die Höhe des Betrages hängt dabei allein von der Flugdistanz ab, nicht aber von dem gezahlten Ticketpreis oder dem Anbieter. So gibt es ab einer dreistündigen Verspätungen für Flüge, die 3.500 Kilometer oder länger sind, EURO 600,00 Entschädigung. Für Verzögerungen von Flügen mit einer Strecke zwischen 1.500 und 3.500 Kilometern werden für die Fluggesellschaft EURO 400,00 fällig. Liegt die Länge des Fluges darunter, müssen EURO 250,00 Entschädigungssumme an den Fluggast ausgezahlt werden.

Darf die TUIfly mich mit einem Reisegutschein abspeisen?

Lassen Sich sich auch nicht von der TUIfluy GmbH oder einer anderen Fluggesellschaft mit einem Gutschein abspeisen. Entgegen der unmissverständlichen Forderung meiner Mandanten nach Ersatz durch Auszahlung des Geldes auf das Bankkonto hat die TUIfly GmbH einen Gutschein für Ihre Konzerntöchter übersandt. Dadurch soll versucht werden, den ohnehin durch die Flugverspätung verärgerten Kunden, an den TUI Konzern zu binden. Dieses wettbewerbswidrige Verhalten ist auch aus verbraucherschutzrechtlichen Gesichtspunkten zu missbilligen.

Was ist zu tun, damit die Fluggesellschaft Ihnen Bargeld erstattet?

Nutzen Sie das Musterschreiben Flugverspätung, um die Fluggesellschaft anzuschreiben. Sollte Ihnen nur ein Reisegutschein übersandt werden, kontaktieren Sie bitte mein Büro unter post@kasur.de oder 0511/31060032. Nach Übernahme des Mandats werden wir die Fluggesellschaft auffordern, Ihnen anstatt des Reisegutscheins Bargeld zu erstatten. Dies ist Ihr gutes Recht!

Wer zahlt die Rechtsanwaltskosten? 

Die Fluggesellschaft hat die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu tragen. Dies hat das Amtsgericht Hannover in seinem Urteil vom 31.07.2012, Az. 517 C 13641/11 unmissverständlich klargestellt.

Die Entscheidung – AG Hannover, Urteil vom 31.07.2012 517 C 13641/11

Die Kläger waren Passagiere eines von der Beklagten durchgeführten Fluges von Hannover nach Antalya. Dieser sollte am 28.05.2011 um 18.40 Uhr in Hannover starten, startete tatsächlich erst um 01.20 Uhr am Folgetag. Die Kläger machen Ausgleichsansprüche nach Artikel 7 der Fluggastrechteverordnung geltend und verlangen darüber hinaus Schadenersatz für die ihnen vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltskosten. Zur Begründung tragen sie vor, die Beklagte habe die Kläger nicht, wie es in Artikel 14 der Fluggastrechteverordnung vorgesehen ist, über ihre Rechte aufgeklärt. Daher sei die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erforderlich geworden.

Die Kläger beziehen sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, nach der Ausgleichsleistungen nach Artikel 7 der Verordnung Nr. 261/2004 auch dann gewährt werden, wenn ein Flug nicht ausfällt, sondern ein Fluggast wegen eines verspäteten Fluges sein Endziel nicht früher als 3 Stunden nach der ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreicht.

Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Den Klägern stehen die Ausgleichsleistungen nach Artikel 7 der Fluggastrechteverordnung zu. Der Europäische Gerichtshof hat in seiner Entscheidung überzeugend ausgeführt, dass die Auswirkungen einer erheblichen Flugverspätung für den Reisenden vergleichbar sind mit denen eines stornierten Fluges. Dieser Rechtsprechung hat sich auch der BGH angeschlossen (EUGH 19. November 2009 – Az. C – 402/07 in NJW 2010 Seite 43 sowie BGH 18. Februar 2010 – Az.: 10 a ZR 95/06 in NJW 2010, 2281).

Das Gericht sieht keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Sie überzeugt im Ergebnis und in der Begründung.

Dass die Kläger keine Buchungsbestätigung vorgelegt haben, ist unschädlich. Denn es ist unstreitig, dass sie Passagiere des fraglichen Fluges waren.

Über die Ausgleichsleistungen nach Artikel 7 der genannten Verordnung hinaus steht den Klägern ein Schadenersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB zu. Nach Artikel 14 der Fluggastrechteverordnung war die Beklagte verpflichtet, die Fluggäste über ihre Rechte aufzuklären. Das hat sie unterlassen. Dieser Umstand hat dazu geführt, dass die Kläger einen Rechtsanwalt eingeschaltet haben, wodurch ihnen die Kosten entstanden sind, von denen sie freigestellt zu werden verlangen.

Fazit der Entscheidung – AG Hannover, Urteil vom 31.07.2012 517 C 13641/11

Lassen Sie sich nicht mit einem Reisegutschein der TUIfly GmbH abspeisen. Ihnen steht neben den  Ausgleichsleistungen nach Artikel 7 der EUVerordnung hinaus auch ein Schadenersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB zu.

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Rechtsanwalt / Fachanwalt Dr. Arconada, LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht Dr. jur. D. Arconada, LL.M. ist als Experte auf dem Gebiet des Steuerrechts und Wirtschaftsrechts in der Region Hannover anerkannt. Als Strafverteidiger begleite er Wirtschaftsstrafprozesse im gesamten Bundesgebiet. Neben einem Steuerbüro in Barsinghausen unterhält er die Rechtsanwaltskanzlei Arconada • Valbuena in der Landeshauptstadt Hannover. Er betreut unternehmerische sowie private Mandate - bundesweit!
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