Muss TUIfly Stornogebühren erstatten?

Muss ein gebuchter Flug storniert werden, steht der Reisende häufig vor dem Problem, dass die Fluggesellschaft den Flugpreis nicht erstattet. Über diese Rechtsfrage hat das Landgericht Hannover derzeit in einem Fall zu entscheiden.

Hintergrund ist folgender Fall: Der Mandat erlitt kurz vor Antritt des Fluges Herzprobleme und konnte daher seine Reise nicht wie gewünscht antreten. Unter Fristsetzung bat der Kläger sodann die Fluggesellschaft TUIfly um erstattung des Flugpreises. Die Fluggesellschaft TUIfly erstattete dem Kläger jedoch lediglich einen Teil des Flugpreises, nämlich die Flughaftensicherheitsgebühr, die Luftverhehrssteuer, das Passagierentgeld und den Treibstoffzuschlag. Den Reiseflugpreis behielt die Beklagte TUIfly ein und berief sich auf die der Buchung zugrunde liegenden allgemeinen Geschäftsbedingungen und verwies auf eine sogenannte Stornoentschädigung.

Der zwischen dem Reisenden und der Flugsegelschaft geschlossene Vertrag ist ein sogenannter Luftbeförderungsvertrag. Der Luftbeförderungsvertrag stellt einen Werkvertrag i.S. der §§ 631ff. BGB dar. Allerdings ist der Luftbeförderungsvertrag jederzeit kündbar, was allerdings dazu führt, dass der Luftfrachtführer/die Fluggesellschaft die vereinbarte Vergütung, den Flugpreis, verlangen kann (§ 649 BGB).

Tritt ein Reisender aus Gründen von der Reise zurück, die nicht in den Risikobereich des Reiseveranstalters fallen (z.B. plötzliche Erkrankung, Trennung von Mitreisenden, Verlust des Arbeitsplatzes oder Ähnliches) so muss der Reisende regelmäßig einen Teil des Reisepreises – die so genannte Stornoentschädigung – zahlen. Im vorliegenden Fall beruft sich die TUIfly auf diese Regelungen in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Auch die meisten anderen Reiseveranstalter haben in Ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen Klauseln, die die Höhe dieser Stornogebühren festlegen sollen. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 09.12.2014 zum Aktenzeichen X ZR 13/14 kann davon ausgegangen werden, dass diese Storno-Klauseln im Reisevertrag sämtlich unwirksam sein dürften, da Sie gegen den Grundsatz aus § 651 i BGB verstoßen. Diese Rechtsprechung stellt eine vollständige Umkehr der Rechtsprechung dar, die bisher davon ausgegangen ist, dass diese Klauseln grundsätzlich zulässig sein dürften, nur regelmäßig an der Höhe etwas auszusetzen hatte.

Mit der Unwirksamkeit der Klauseln in den allgemeinen Geschäftsbedingungen entfällt die Stornogebühr jedoch nicht vollständig. An deren Stelle tritt vielmehr die gesetzliche Regelung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Diese bestimmt, dass der Reisende seinen Reisepreis zu bezahlen hat, dass davon jedoch die ersparten Aufwendungen und anderweitige Verwendungen abzuziehen sind. Im Einzelnen sind die ersparten Aufwendungen Kosten, die die Fluggesellschaft nicht hat, weil die Reise abgesagt wird.

Rechnung: Flugpreis – ersparte Aufwendung + anderweitige Verwendungen = Erstattungsbetrag der Fluggesellschaft.

Hintergrund ist, dass der Flug möglicherweise an einen anderen Kunden verkauft werden konnte. In diesem Fall hat ddie Fluggesellschaft anderweitig verwandt. Hier kann im günstigsten Fall der gesamte vom neuen Kunden bezahlte Preis auf den vom Kunden zu zahlenden Flugpreis angerechnet werden. Dies hilft allerdings nur, wenn der Flug komplett ausgebucht war.

Hinweis: Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs dürfte sich nicht in allen Fällen zugunsten der Reisenden auswirken. Die derzeitige Praxis bei Flugreisen ist es häufig, unmittelbar nach der Buchung den billigsten Flug der Airline zu buchen. Diese Flüge sind meist nicht ohne weiteres zu stornieren. Damit dürfte gegebenenfalls ein nicht geringer Teil des Preises nicht mehr abziehbar sein. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es  sich, einen spezialisierten Rechtsanwalt mit der Prüfung der Ansprüche zu beauftragen.

In Flugpreisen sind jedoch häufig Steuern, Gebühren und Entgelte enthalten. Diese Flugnebenkosten fallen grundsätzlich nur an, wenn der Fluggast den Flug tatsächlich in Anspruch nimmt. Eine Stornierung führt also zwangsläufig dazu, dass die im Flugpreis enthaltenen Steuern, Gebühren, Entgelte und Zuschläge in jedem Fall zu erstatten sind. In der Regel ist jedoch auch der restliche Flugpreis zu erstatten. Gemäß § 649 S. 2 BGB hat sich die Fluggesellschaft auf die vereinbarte Vergütung (Flugpreis) dasjenige anrechnen zu lassen, was sie infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben hat.

Konkret bedeutet dies: Gelingt es dem Fluggesellschaft den stornierten Flug weiter zu veräußern, muss er folglich den kompletten Flugpreis erstatten.

Die Problematik liegt häufig darin, dass der Fluggast darlegen und beweisen muss, dass die Fluggesellschaft den Flug anderweitig verkauft hat. Um dieser Darlegungs- und Beweislast gerecht zu werden, empfiehlt es sich, regelmäßig nach einer Stornierung die einschlägigen Flugsuchmaschinen zu „überwachen“ und gezielt nach dem gebuchten und stornierten Flug zu suchen. Erscheint in den Portalen die Mitteilung, dass Flüge zu den angegebenen Zeiten nicht mehr verfügbar sind, sollte hier ein sogenannter Screenshot angefertigt werden, womit dann der Beweis erbracht werden kann.

Die Fluggesellschaft hat im Wege der sogenannten sekundären Darlegungslast die Pflicht, darzulegen und zu beziffern, ob sie anderweitig Erlöse erzielt hat. Diese Darlegungslast trifft die Fluggesellschaft, weil der Fluggast regelmäßig keinen Einblick in die Buchungsbelege hat.

Tipp für Fluggäste: Sollten Sie von einer derartigen Problematik betroffen sein, weisen Sie die Fluggesellschaft uf die ersparten Aufwendungen hin und fordern Sie die Rückzahlung des Ticketpreises. Vergessen Sie nicht, dabei eine Frist „Erstattung des Flugpreises bis zum 15.8.2015“ zu setzen. Erfahrungsgemäß lassen es jedoch Fluggesellschaften gern zur Klärung der Angelegenheit auf ein gerichtliches Verfahren ankommen. Davon sollte man sich jedoch nicht abschrecken lassen, denn die Erfolgsaussichten einer Klage sind als sehr gut einzuschätzen. Sollten Sie zudem eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, so werden die Kosten regelmäßig auch von dieser übernommen.

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Rechtsanwalt / Fachanwalt Dr. Arconada, LL.M.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht Dr. jur. D. Arconada, LL.M. ist als Experte auf dem Gebiet des Steuerrechts und Wirtschaftsrechts in der Region Hannover anerkannt. Als Strafverteidiger begleite er Wirtschaftsstrafprozesse im gesamten Bundesgebiet. Neben einem Steuerbüro in Barsinghausen unterhält er die Rechtsanwaltskanzlei Arconada • Valbuena in der Landeshauptstadt Hannover. Er betreut unternehmerische sowie private Mandate - bundesweit!
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